Savage Glitter

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Anfangsdatum
Enddatum
Öffnungszeiten
Mi-Fr 14-18 Uhr| Sa 12-18 | So (sehe Facebook) u.n.V
Vernissage
Donnerstag, 26. April, 18-21 Uhr
Ort

Savage Glitter

Malerei

Die neuen Arbeiten der in Kopenhagen geborenen Malerin Marie Irmgard (*1976) umgreifen Genres der Malerei in einem Koordinatensystem, das weit genug ist für die Reflexion über Selbstverhältnis und Naturverständnis des Menschen, zwischen historischen Bezugspunkten wie Diego Velasquez und Cy Twombly. Die Galerie1214 zeigt eine dichte Werkauswahl unter dem Titel „Savage Glitter“ erstmals in einer Einzelausstellung in Berlin.

Savage Glitter – die Formulierung hat Irmgard dem Roman “The Quick and the Dead” von Joy Williams entnommen spielt an auf das Spannungsverhältnis zwischen dem Romantischen (Wildnis) und der Gesellschaft (Tand/Flitter), zu denen wir uns widersprüchlich hingezogen fühlen. Irmgard spricht nicht ohne Provokation von einer Haltung des „passive astonishment“, die sie in ihrer Malerei pflegt und der das genaue Hinsehen wichtiger ist, als das (Ab)Urteilen. Malen heisst für Irmgard Warten und Verdichten, um Zeit zu schöpfen (wie man Atem schöpft oder Hoffnung schöpft). Dabei bewegt sie sich zwischen der Konkretion im Bildhaften und der bildnerischen Frage, die die Abstraktion herausfordert.

Irmgards Farbgebung nutzt ein breites Vokabular, geprägt durch die handwerkliche Polarität zwischen einem kräftigen Impasto, in dem die Farben dick und pur aufgetragen werden, und zarten Lasuren, bei denen reines Leinöl als Malmittel zur Anwendung kommt, mit einer bewusst langen Trocknungszeit. Dadurch gewinnen ihre Bilder ein subtiles Repertoire an Ausdrucksformen. Der Duktus der Hand arbeitet sich ab am Eigensinn eines Oberflächengeschehens, das zwar vorbereitet und alimentiert wird, sich gleichzeitig aber in den Gesetzen der Physik ‚von selbst’ vollzieht: in der Mischung und Durchdringung von Farben, bei der Strukturierung der Hintergründe, durch gezielt provozierte Farbtränen, Risse, Kraquelüren, oder rhizomatische Effekte, die ein feines, Ordnung versprechendes Linienwerk projizieren.

Erstmals in einem Gesamtüberblick zeigt die Ausstellung den offenen Zyklus Berlin Flower Series (2014-2018), der die Bildwelten von Stillleben und Interieur auf delikate Art aktualisiert. Irmgard regt an, das verbrauchte visuelle Lexikon neu zu lesen: wer staunt, weiss zunächst nicht, was das ist: ein Haus, ein Strauss, ein Wildbret, ein Zimmer – die Malerei ist ein Pfad, das Naturhafte im Gewohnten wieder zu entdecken. Was etwas ist, was es anders sein könnte, lässt sich durch Anfügen, Wegnehmen, Verwischen, Überlagern von Ebenen, Layers erkunden. Tag und Nacht sind in unserer Lebensweise fast eingeebnet – Irmgard macht den Gegensatz von Hell und Dunkel neu lesbar, wenn sie mit hellen Lasuren und alabasterhaft durchscheinenden Farbkörpern den dunkleren Valeurs eine neue Bedeutung verleiht, wie in dem Widmungsbild für Charlotte Salomon, „L'ermitage was not the sanctuary it promised to be“.

Marie Irmgard (*1976 in Kopenhagen), Studium in Anglistik, Kunstgeschichte und Kunst, 2010 Abschluss als MFA an der Funen Art Academy; ausgedehnte Reisen in den USA; seit 2003 Einzel- und Gruppenausstellungen in Arhus, Kopenhagen, Memphis (USA), Odense, Stockholm, Viborg; lebt und arbeitet seit 2013 in Berlin. 

Fotos: Markus Bachmann/ Eric Tschernow 2018