Christina Michalis: Jenseits... im Material

Christina Michalis: o.T., Polycarbonat, Mischtechnik, Pigmente, Sand, 32,5 x 33 cm 2014

Die Suche nach dem Bildsinn ist uns so in Fleisch und Blut übergangen, dass Kunst manchmal zu brachialen, manchmal zu subtilen Mitteln greift, uns von Fleisch und Blut zu entwöhnen. Eine Strategie von Christina Michalis besteht im Ersatz von Fleisch durch Acrylglas, von Blut durch Sand.

Eine allergewöhnlichste Doppelstegplatte, vulgo 'Plexiglas', wie sie jeder Baumarkt führt. Sprühkleber, Sand in unterschiedlicher Körnung, gesprühte Farbe. Das sind arme Materialien, einfache Materialien; leicht erhältlich, können Reste sein, Überbleibsel; haben für sich, spontan, keine Ausstrahlung, kein Flair.

Und dennoch sprüht es wie Gischt: Michalis hängt ihre Bildobjekte nicht an die Wand, sie denkt sie dreidimensional. Auch diese kleine Arbeit ist auf einer Trägerleiste platziert, die einen Abstand zur Wand erlaubt. So kann die Bildgeste gleichsam aus dem Raum Luft schöpfen und sich in den Raum hinein verlängern. Wie eine Hokusai-Welle, die gerade im engen Ausschnitt das All des Meeres zur Anschauung bringt, spannt Michalis die Koordinaten ihrer Arbeit in mehrere Dimensionen. Die Transparenz des Trägermaterials spielt dabei immer mit, der Schnitt ist Ausschnitt, welcher in der Betrachtung wie von selbst überschritten und verlängert wird.

Wie der Schein der Ikone auf der Kostbarkeit des Blattgolds beruht, diese aber transzendiert, verweist die Verwendung der armen Materialien bei Michalis zugleich auf sich selbst (Sand, Plastik, Farbe) und über sich hinaus. Die träge Materie verwandelt sich unter unseren Augen in die schwerelose Welle. Ein Stieben, Wischen, fast hört man das milliardenfache Reiben der Sandkörner; als hielte das Bild eine Momentaufnahme fest.

Bildsinn in diesem Sinne schöpft immer 'aus Fleisch und Blut', oder wie im Fall von Michalis, aus Plastik und Sand.

Alle Rechte für den Text: Image removed. / Reproduktion: Galerie Nicole Gnesa